Wir sind am Dienstag, nach einem guten Flug und einer ruhigen Zugfahrt, wieder in Regensburg angekommen. Und das ging so:
Am Montagmorgen um 6 Uhr werden wir vor unserer Wohnung in Buenos Aires von einer remis abgeholt. Das ist eine Art Taxi, das man telefonisch vorbestellen muss. Zwar sollen wir erst um 7:30 Uhr am Flughafen sein, aber die Botschaft hatte uns informiert, dass mit Verzögerungen durch Polizeikontrollen zu rechnen sei. Wir haben einen Passierschein der Botschaft auf dem Handy, und unser Fahrer hat eine Fahrerlaubnis seiner Firma dabei. Beides braucht man in Zeiten der Ausgangssperre, damit man nicht von der Straße geholt wird.

Die Fahrt geht sehr glatt, es gibt wenig Verkehr und nur eine Kontrolle direkt an der Einfahrt zum Flughafen. Wir zeigen unsere Papiere, werden durchgewinkt, dann stehen wir vor dem Abflugterminal. Ins Flughafengebäude wird man nur „tröpfchenweise“ gelassen, wir müssen aber nur kurz warten, dann stehen wir in der Abflughalle.

Links die Schlange nach Italien, rechts die nach Deutschland. Man wartet diszipliniert, aber die Abstandsregeln werden nicht strikt eingehalten. Botschaftsmitarbeiter/innen und auch der Botschafter selbst sind unterwegs, um den Ablauf zu regeln. Noch kann uns niemand sagen, ob wir mitfliegen können. In der Flugliste stehen zwei Lufthansaflüge nach Frankfurt. Später erfahren wir, dass es nur einen Flug geben wird. Jede/r muss ein Formular ausfüllen mit Namen, Adresse, Ausweisnummer, Bestätigung dass man keine Corona-Symptome hat und dass man bereit ist, den Flugpreis in Höhe eines normalen Economy-Fluges zu bezahlen. Man geht damit zuerst zu einem Schalter der Botschaft. Wenn man mitfliegen darf, bekommt man eine provisorische Bordkarte und stellt sich nochmal in die Schlange zum eigentlichen Check-in der Lufthansa und Gepäckabgabe. Alles sehr gut organisiert und mit ruhiger Hand geführt. Aber manchmal wirken die Ansprechpartner der Botschaft etwas fahrig – kein Wunder, denn sie arbeiten seit Tagen unter Extrembedingungen: Tausende von Menschen, die nach Hause wollen, die IT-Systeme immer überlastet, die erschwerten Bedingungen der Ausgangssperre, vermutlich auch die persönliche Situation so weit weg von vielen Angehörigen und Freunden, die mit jedem Tag steigende Ansteckungsgefahr… Gleichwohl tragen nur wenige Mundschutz.
Wir tauschen und mit den Leuten hinter uns und vor uns aus, erzählen uns unsere Geschichten: eine Frau auf dem Weg in die Antarktis. Erst muss sie für zwei Wochen in vorsorgliche Quarantäne, danach hat sie zwei Tage Wartezeit, bevor ihr Schiff geht, aber am ersten Tag wird die ganze Fahrt vom Veranstalter storniert. Sie bucht einen regulären Rückflug, ihre Kamera geht kaputt, dann wird auch der frisch gebuchte Rückflug gestrichen und sie hängt erstmal fest. Jetzt hofft sie, dass sie beim Rückflugholflug dabei ist. Eine Ethnologin, die über die Lebensverhältnisse von StraßenverkäuferInnen in Argentinien forscht und jetzt ihre Feldstudien unterbrechen muss. Was Covid-19 für Menschen bedeutet, die keine soziale Absicherung haben? Hier ein sehr interessanter Artikel von ihr darüber. Ein Schauspieler, der in Buenos Aires unter anderem Tangounterricht nehmen wollte und jetzt ohne eine einzige Stunde zurück muss.
Ein Journalist ist auch unterwegs, spricht unter anderem mit dem Schauspieler. Er fragt uns, ob er uns interviewen darf. Klar, wir haben doch Zeit. Wir erfahren, dass er Südamerika-Korrespondent für ntv ist, zur Zeit in Buenos Aires lebt und sich trotz Rückflugangebots entschieden hat, erstmal zu bleiben und weiter zu arbeiten. Hier sein Bericht, in dem wir tatsächlich vorkommen.
Jetzt sind wir endlich am Schalter der Botschaft. Der Mitarbeiter sucht nach unseren Namen in seiner Liste. Meinen findet er gleich, aber Barbaras ist verschollen, obwohl sie es war, die uns beide angemeldet hatte… Wir müssen wieder warten. Einem jungen Pärchen geht es ähnlich, sie gehen zu einem anderen Schalter, und da findet man beide Namen. Das können wir auch! 10 Minuten später haben wir unsere vorläufigen Bordpässe in der Hand. Weitere 30 Minuten sind wir unser Fluggepäck los und eingecheckt. Geschafft!

Jetzt haben wir viel Zeit, die wir mit Kaffeetrinken verbringen. Wir essen unsere letzten argentinischen medialunas (Croissants), setzen uns zu einer Gruppe junger Leute um den ntv-Korrespondenten und lauschen den teilweise unglaublichen Geschichten, die sie zu erzählen haben. Wir dachten immer wir hätten Stress mit der Situation, aber jetzt sind wir froh, dass wir nicht an einer Provinzgrenze hängen geblieben sind, 7 Stunden auf einen Arzt warten mussten, uns ein Taxi für hunderte von Kilometern besorgen mussten, weil kein Bus mehr ging.


